Hauptverfahren der insolventen Wadan Werften Wismar und Rostock-Warnemünde eröffnet

31.07.2009

Pressemitteilung des Insolvenzverwalters Marc Odebrecht

Beschäftigte wechseln in Transfergesellschaften

Wismar/Warnemünde, 31. Juli 2009. Der vorläufige Insolvenzverwalter der beiden Werften in Wismar und Rostock-Warnemünde, Marc Odebrecht, hat dem Amtsgericht Schwerin die Eröffnung des Hauptverfahrens empfohlen. Dies geht aus dem Gutachten hervor, das Odebrecht dem zuständigen Richter am heutigen Freitag in Schwerin übergab.

Die meisten der rund 2.400 Beschäftigten an den Standorten Wismar und Rostock-Warnemünde werden zum 1. August in eine so genannte Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft (BQG) wechseln. Die beiden Gesellschaften sichern den Beschäftigten zunächst fünf Monate lang ein Einkommen in Form von Transferkurzarbeitergeld. Die finanziellen Mittel für das Transferkurzarbeitergeld werden zu großen Teilen vom Land Mecklenburg-Vorpommern vorfinanziert.

Auch für die Auszubildenden konnte eine Übergangslösung gefunden werden: „Die Lehrlinge waren uns von Anfang an sehr wichtig, denn aus rechtlichen Gründen können sie nicht in die Transfergesellschaft übernommen werden. Wir haben alles dafür getan, damit das erste, zweite und dritte Lehrjahr nach dem 1. August im Unternehmen bleiben kann. Für zunächst zwei Monaten ist dies gelungen“, so Odebrecht. Neue Auszubildende würden aus Fürsorgegründen nicht mehr aufgenommen. In dieser ungewissen Lage könne für Berufseinsteiger keine sichere Perspektive geboten werden.

Die nun kommende Beschäftigungsgesellschaft war bereits in den vergangenen Wochen sorgfältig vorbereitetet worden. „Wir wollten auch für den Fall, dass die begonnen Schiffprojekte nicht weiter gebaut werden, am 1. August niemanden im Regen stehen lassen. Deshalb haben wir frühzeitig eine zweigleisige Strategie verfolgt und als Fallschirm für die Mitarbeiter die Transfergesellschaft organisiert. Diesen Fallschirm brauchen wir jetzt“, so Odebrecht. Nach heutigem Stand gibt es ab dem 1. August keine weitere Arbeit an beiden Standorten. Auch für die nächsten 24 Monate gibt es zur Zeit keine positive Beschäftigungsprognose. Ab Montag werden keine Arbeiten mehr auf den Werften ausgeführt, die Mitarbeiter werden in den nächsten fünf Monaten Qualifizierungskurse besuchen. Ein Weiterführungsteam aus dann noch etwa 40 Personen wird die Sicherung der Projekte und die Suche nach möglichen Investoren unterstützen.

Auch die rechtliche Situation der Lieferanten ist mittlerweile umfassend geprüft und erfasst worden, bestehende Sicherungsrechte der Gläubiger werden im eröffneten Insolvenzverfahren in Umfang und Höhe berücksichtigt werden.

Schiffbauindustrie leidet unter Wirtschaftskrise und Kreditklemme

Die deutsche Schiffbauindustrie leidet seit Monaten unter dem Einbruch der Weltkonjunktur, dem hierdurch bedingten geringeren Warenumschlag und gesunkene Frachtraten bei gleichzeitigen Tonnageüberkapazitäten auf Seiten der Reedereien. Laut Statistik des Verbands für Schiffbau und Meerestechnik wurden im ersten Halbjahr 2009 bei deutschen Werften kaum neue Schiffe bestellt. Noch 2005 bestellten dieser Statistik zu Folge internationale Reedereien in Deutschland insgesamt 157 neue Schiffe. Die negative Entwicklung wird durch eine restriktive Kreditvergabe der Banken weiter beschleunigt. Es war ursprünglich geplant, dass die beiden Werften ab Anfang 2009 den Betrieb mit Hilfe von Staatsmitteln aus dem Konjunkturpaket II der Bundesregierung aufrechterhalten. Bund, Land und Banken hatten rund 220 Millionen Euro an Krediten und Bürgschaften geleistet, um die Werften zu stützen. Doch die Gesellschafter hatten sich bis zuletzt nicht über die Zahlung von Eigenleistungen verständigen können. Diese Leistungen waren gegenüber dem Land bereits zugesagt, wurden jedoch am 4. Juni überraschend zurückgezogen, so dass ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens beim zuständigen Amtsgericht Schwerin unausweichlich wurde. Die Gesellschafter haben auch nach dem Insolvenzantrag weder liquide Mittel noch angekündigte Aufträge mit Beschäftigungswirkung organisieren können.

Der vorläufigen Insolvenzverwaltung war es in sehr kurzer Zeit gelungen, sich die Bereitschaft des Bundes zu sichern, die Werften unter Auflagen mit einem Massekredit in Höhe von 190 Millionen Euro zu begleiten. Die Auflagen konnten bislang jedoch nicht erfüllt werden, weil Kunden nicht zu ihren Aufträgen standen.

Kunden halten geschlossene Verträge nicht ein / Gespräche mit Reedereien gehen nach dem 1. August weiter

Die Bedingungen für den Massekredit konnten vor allem aufgrund der starren Haltung der Reedereien bislang nicht erfüllt werden. In den Gesprächen der letzten Wochen zeigte sich, dass die Abnehmer der Schiffe wegen der negativen Marktentwicklung ein großes Interesse daran haben, durch Stornierungen und Terminverschiebungen Tonnageüberkapazitäten abzubauen. Dieses Eigeninteresse hat dafür gesorgt, dass der Betrieb an beiden Standorten ab dem 1. August zum Erliegen kommen wird und die Belegschaft in eine Transfergesellschaft wechseln muss. Die Beschäftigungssituation an beiden Standorte ist damit maßgeblich durch die Weigerung der auftraggebenden Reedereien verursacht, sich an ihre geschlossenen Verträge zu halten.

Suche nach geeignetem Investor läuft weiter

Schon früh hat die Insolvenzverwaltung die zwingende Notwendigkeit erkannt, zur Rettung der Werften schnell geeignete Investoren zu finden. Die Gründung der beiden Transfergesellschaften steht der Investorensuche, die bereits zu Beginn des vorläufigen Insolvenzverfahrens angelaufen war, nicht entgegen. Sie wird auch nach dem 1. August mit Hochdruck weitergeführt und von einem Hamburger Bankhaus begleitet. Zum Stand der Gespräche sagte Berthold Brinkmann, Senior Partner bei Brinkmann und Partner: „Dies ist nicht die Zeit, in der man leicht einen Käufer für eine Werft findet. Es gibt noch viele Hürden zu überspringen, aber wir sind aufgrund der bisher geführten Gespräche mit potentiellen Interessenten vorsichtig optimistisch. Wir hoffen in den nächsten Wochen über Erfolge berichten zu können.“ Zu Namen von möglichen Investoren wolle man sich nicht öffentlich äußern.



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